Eines Tages teilte unser Vermieter meinen Eltern mit: »Ich als Nationalsozialist verlange, dass die Juden Devries die Wohnung räumen.« Die Weezer Bevölkerung war zu ihren jüdischen Mitbürgern damals zum größten Teil gut, doch es gab eben auch Mitläufer und Menschen, denen es sozial durch einen Beitritt in die Nazipartei besser ging, insbesondere wenn sie viele Kinder hatten. Das war natürlich eine schwierige Situation für Mutter, und sie hatte wenig Zeit für mich. Sie erzählte später oft, dass unser Vermieter darauf bestand, dass wir die Wohnung noch vollkommen renovierten, bevor wir auszogen. Nach dem Krieg hatte er ein Schuhgeschäft in Weeze. Wir behelligten ihn nie. Mutter sagte damals zu mir: »Kind, das ist schön! Wir ziehen jetzt um. Dann bring mal die Gartenstühlchen rüber zur Renate und zu den anderen Kindern.« Renate wohnte gleich nebenan. Also brachte ich allen Nachbarskindern, die ich kannte, die Stühlchen. Das Gartentischchen trug Vater herüber. Ich weiß noch, wie sehr ich mich auf unsere neue Wohnung freute. Als ich davon vor einigen Jahren bei einem Vortrag in Weeze erzählte, stand Renate auf und sagte: »Die Stühlchen haben wir heute noch. Und ich weiß es noch ganz genau, wie Edith damit gekommen ist. Da haben wir uns so gefreut, dass wir die kriegten.«