Die Geschichte des Konzentrationslagers Theresienstadt ist sehr gut dokumentiert und vielen aus dem Schulunterricht oder aus den Medien bekannt. Theresienstadt galt als ›Vorzeigegetto‹, tatsächlich aber diente es als Durchgangslager für den Weitertransport der Juden in die Vernichtungslager, zumeist nach Auschwitz. Von denen, die nicht weitertransportiert wurden, starben Zehntausende an den Folgen von Hunger und Krankheit. Gemeinsam mit meinen Eltern verbrachte ich drei Jahre meiner Kindheit in Theresienstadt. Weniger als zweihundert von uns deutschen Kindern, manche sagen weniger als einhundert, überlebten das Lager. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte habe ich als Zeitzeugin zahlreiche Schulen besucht und Schülern von meiner schwierigen Kindheit zwischen Niederrhein und Theresienstadt erzählt. Mein Hauptanliegen dabei war es, ihnen nahezubringen, wie wichtig es ist, für Toleranz und Nächstenliebe einzutreten und jeden, egal welcher Hautfarbe, Religion oder Überzeugung, zu respektieren. Auch vor Erwachsenen habe ich immer wieder Vorträge gehalten und meine Zuhörer gebeten, sich dafür einzusetzen, dass die Würde des Menschen geachtet wird. Während meiner langjährigen Tätigkeit als Kindergärtnerin bemühte ich mich stets, schon den Jüngsten diese Weltanschauung zu vermitteln. Kinder und Jugendliche waren für mich immer die wichtigsten Zuhörer. Die heutige Generation ist nicht für die Taten ihrer Eltern und Großeltern verantwortlich. Aber sie muss bei sich selbst und in ihrer Umwelt die Liebe zum Mitmenschen fördern und Hass und Menschenverachtung im Keim ersticken. Eltern müssen ihren Kindern die Gelegenheit geben, sich mitzuteilen, müssen ihnen zuhören und sie zu kritikfähigen Menschen werden lassen. Wie eine Pflanze Licht benötigt, so brauchen unsere Kinder Entfaltungsmöglichkeiten, Achtung und Pflege, und schließlich das Loslassen der Eltern, wenn die Zeit dafür gekommen ist.